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Zyklusstörung nach Corona-Impfung

Digitale Lösungen können der Forschung helfen

Zyklusstörung: Was zählt noch als normal?

Wann immer Menschen eine körperliche Veränderung wahrnehmen, stellt sich die Frage, ob das noch normal ist. Genauso verhält es sich bei den monatlichen Regelblutungen. Denn nur weil etwas aus dem gewohnten Muster ausbricht, muss dies nicht zwingend ein Krankheitszeichen sein. Schließlich ist das Spektrum an „normal” bei der Menstruation einigermaßen flexibel [1]:

Ein Zyklus kann zwischen 25 und 31 Tagen dauern. Also immerhin 6 Tage Spielraum haben. Verändert sich die Länge eines Zyklus’, liegt dies an der ersten Zyklushälfte, in der die Follikel reifen. Und auch die Regelblutung selbst kann zwischen 3 und 7 Tagen variieren. Dabei verlieren Frauen im Schnitt 60 bis 120 Milliliter Blut [2]. 

Das alles muss also keinen Krankheitswert haben. Anders kann es bei starken oder ungewohnten Regelschmerzen, dem Ausbleiben der Regelblutung sowie stärkeren Veränderungen aussehen [2]:

Übersicht zu abklärungsbedürftigen Zyklusveränderungen
Zyklusveränderungen, die einer ärztlichen Abklärung bedürfen Quelle

In diesen Fällen oder bei genereller Unsicherheit ist es unbedingt ratsam, eine Frauenärztin oder -arzt aufzusuchen. Denn es gibt eine Vielzahl an möglichen Ursachen für Zyklusstörungen. Mit Beginn der Corona-Impfungen stellte sich dann die Frage, ob diese womöglich auch dazu zählen.

Wo die Forschung steht

Denn bereits Anfang 2021 mehrten sich die Berichte von Frauen, bei denen es nach einer Impfung zu Unregelmäßigkeiten im Zyklus gekommen war. Die Veränderungen waren dabei erstmal nur anekdotisch – hatten also zu diesem Zeitpunkt noch keine wissenschaftliche Grundlage [3, 4]. 

Auch variierte die Art der beschriebenen Zyklusveränderungen unter den Betroffenen. So wurden sowohl frühere, spätere, azyklische, stärkere, ausgebliebene als auch schmerzhaftere Perioden berichtet. In einer britischen Befragung per App lag der Anteil an betroffenen Frauen drei Monate nach der Impfung jedoch bei weniger als 0,1 % bei immerhin 657.000 geimpften App-Nutzerinnen. Die betroffenen Frauen bildeten also die absolute Ausnahme [3-5].

Zudem blieb die Frage offen, ob es sich lediglich um einen Zufall handelte – Unregelmäßigkeiten in der Menstruation sind schließlich häufig – oder ob die Corona-Impfung tatsächlich als Auslöser in Frage kam.

Impfung als Zufall oder Ursache

Generell wird in der Forschung zwischen Korrelation und Kausalität unterschieden. Korrelation besteht, wenn zwei Entwicklungen zeitgleich auftreten, die jedoch nichts miteinander zu tun haben [6]. 

Ein gutes Beispiel hierfür sind Orangenimporte aus Portugal und die Belegungszahlen von Trinkerheilanstalten in Deutschland. Beides ist in den letzten 70 Jahren ähnlich angestiegen. Dennoch ist dies eindeutig Zufall und steht in keinem ursächlichen Zusammenhang [7].

Anders sieht es mit Kausalitäten aus. Bei COVID-19-Erkrankten, die in 2020 in Deutschland verstorben sind, weiß man mittlerweile, dass die Betroffenen in 83% der Fälle „an” anstatt nur „mit” COVID-19 verstorben sind. Das Virus ist hier also die Ursache [8]. 

Im Fall von Zyklusstörungen nach der Corona-Impfung stehen die hierfür nötigen systematischen Studien aktuell noch aus. Die meisten Experten zweifeln aber mittlerweile an einem kausalen Zusammenhang. Und selbst wenn dieser bestünde, wäre er demnach nur vorübergehend und grundsätzlich harmlos. Ganz im Gegensatz zum Risiko, ungeimpft schwer an COVID-19 zu erkranken [9-12].   

Was die Forschung so schwierig macht

Dennoch wäre es enorm wichtig, mögliche Zusammenhänge besser zu verstehen, allein um die Impfbereitschaft weiter zu erhöhen und betroffenen Frauen unnötige Sorgen zu ersparen. Denn die Info, dass es zwar zu „Beschwerde XY” kommen kann, diese aber harmlos und zeitlich begrenzt ist, würde in den meisten Fällen als Entwarnung bereits genügen [13].

Doch hier kommen selbst ausgiebige Zulassungsstudien aktuell noch an ihre Grenzen. Immerhin können hierdurch unerwünschte Ereignisse im Seltenheitsbereich von bis zu 1 aus 1.000 Personen (maximal 1 aus 20.000) ausfindig gemacht werden. Doch noch seltenere Ereignisse können allein aus statistischen Gründen teils erst später entdeckt werden [14].

Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Beschwerde harmlos ist und dadurch seltener von Studienteilnehmern berichtet wird. So konnten zwar ernstzunehmende Zyklusstörungen in den Zulassungsstudien erfolgreich ausgeschlossen werden. Geringfügige oder ungewöhnlich seltene Zyklusveränderungen konnten jedoch durchaus untergehen [15].

Hier wäre in künftigen Zulassungsstudien durchaus Luft nach oben. So wurden die Teilnehmer zwar nach milden Nebenwirkungen wie Kopf- oder Armschmerzen gefragt. Nicht weiter besorgniserregende Auffälligkeiten bei der Menstruation hätten die Teilnehmer jedoch in der Kategorie „unerwünschte Ereignisse” angeben müssen. Gezielte Fragen wie „Ist Ihre Menstruation unregelmäßig? Ist Ihr Blutfluss stärker als sonst?” fehlten nämlich. Dies wäre in Zukunft leicht umsetzbar [15].

Im Falle der Impfstoffentwicklung sollte jedoch auch die enorme Dringlichkeit bei der Pandemie-Bekämpfung bedacht werden. Damit lag der Fokus der Hersteller zwangsläufig darauf, möglichst schnell wirksame und sichere Corona-Impfstoffe zu entwickeln. Und dies ist zweifellos gelungen. Keinem der in Europa eingesetzten Impfstoffe wurde im Nachhinein die Zulassung wieder entzogen [15].

Mehr Daten sind auf dem Weg

Immerhin, es tut sich etwas: Mehr Studien mit einem noch feineren Blick fürs Detail sind auf dem Weg. Zum Beispiel konnte mittlerweile die Rolle von Immunzellen beim Auf- und Abbau der Gebärmutterschleimhaut nachgewiesen werden. Ein indirekter Einfluss von Impfstoffen wäre damit zumindest denkbar [15, 16]. 

Zudem wurden in einer fortlaufenden Studie in den USA mittlerweile schon über 140.000 Frauen mit Zyklusveränderungen nach der Corona-Impfung näher befragt. Auch hier wurde vermehrt von stärkeren oder unerwarteten Regelblutungen berichtet. Blutungen bei Frauen mit lang wirkenden Verhütungsmitteln oder nach der Menopause seien ebenfalls vorgekommen [15]. 

Genauere Erkenntnisse sind also auf dem Weg. Institutionen wie das amerikanische „Centers for Disease Control and Prevention” (CDC) und die „Food and Drug Administration” (FDA) behalten die Angelegenheit ebenfalls im Auge. Doch auch die jüngsten Forschungsergebnisse haben die Empfehlung zum Nutzen der Corona-Impfstoffe bisher nur gestärkt [15].

Andere Pandemie-Einflüsse auf den Zyklus

Trotz aller Bemühungen wird es zudem schwierig bleiben, zu klareren Ergebnissen zu kommen. Denn nicht nur, dass die Periode von Frau zu Frau und Zyklus zu Zyklus variiert. Vielmehr gibt es schlicht zu viele Faktoren, die Dauer, Menge oder Beschaffenheit der Blutung beeinflussen können [12, 16].

Hierzu zählen zum Beispiel Stress, Krankheiten, Alter, Medikamente, Ernährungs- als auch Bewegungsumstellungen. Speziell während der Corona-Pandemie kommt dem Stress dabei eine besondere Rolle zu  [12, 16, 17].

Dies wurde unter anderem in einer Studie an Frauen im Gesundheitswesen gezeigt. Von den 952 Studienteilnehmerinnen wiesen 273 Frauen Zyklusunregelmäßigkeiten auf. Alle Teilnehmerinnen wurden zudem auf Depressionen, Ängstlichkeit und Stress getestet. Im Schnitt waren alle drei Bereiche bei den Frauen mit Zyklusunregelmäßigkeiten stärker ausgeprägt. Ein klares Indiz für den Einfluss von Stress während der Pandemie [18].

Andere Studien kamen zu ähnlichen Ergebnissen. Und überhaupt konnte ein großer Einfluss der Pandemie auf viele Bereiche der weiblichen Gesundheit nachgewiesen werden. Dazu zählen auch Schlaf, Essverhalten, Alkoholkonsum und generelle Leistungsfähigkeit. Die beste Nachricht ist wohl, dass auch diese Pandemie zu einem Ende kommen wird [19, 20].

Für die Forschung gibt es bis dahin noch einiges zu tun. Immerhin ist der Einfluss des Coronavirus auf den weiblichen Zyklus mittlerweile schon besser verstanden. Denn im Gegensatz zu Impfungen konnte bei Frauen mit COVID-19 klar gezeigt werden, wie sich dies auf die Periode auswirkte. Bei etwa jeder fünften Betroffenen kam es nämlich zu einer Abnahme des Menstruationsvolumens oder einer Verlängerung des Zyklus [21]. 

Und trotzdem lohnt es, mit Hilfe von Apps aktiv zu werden.

Wie digitale Lösungen helfen

Um den weiblichen Zyklus und externe Einflüsse darauf künftig noch besser verstehen zu können, ist es wichtig, diesen möglichst genau zu dokumentieren. Dies hilft nicht nur dabei, selbst Klarheit darüber zu erlangen, wie ausgeprägt eine Veränderung ist, sondern erleichtert auch den Austausch von Informationen [9]. 

So können Frauen ihrer Gynäkologin noch akkurater und bis weit in die Vergangenheit mitteilen, wie sich ihr Zyklus im zeitlichen Verlauf entwickelt hat. Und auch für Forscher ist es ein enormer Zugewinn, wenn sämtliche Zyklusdetails bereits kontinuierlich erfasst wurden [9, 22].

Dementsprechend empfehlen Ärzt*innen und Fachgesellschaften die Nutzung von Zyklus-Apps gleichermaßen. In bisherigen App-basierten Studien konnte dadurch schon etwas besser nachvollzogen werden, welche Zyklusvariationen meist noch im Bereich des Normalen liegen [9, 23].

Auch für die Zukunft der Impfstoff-Zulassungsstudien kann das regelmäßige Zyklus-Tracking einen großen Fortschritt bedeuten. So besitzen Frauen ein mächtiges Tool, mit Hilfe dessen bei den Angaben zu „unerwünschten Ereignissen” künftig nichts mehr zu kurz kommen dürfte [10].

Zumal die Auswahl an Zyklus-Apps mittlerweile wirklich groß ist. Es sollte sich also für jede Frau die zu ihr passende App finden lassen.

Die Inhalte dieses Artikels geben den aktuellen wissenschaftlichen Stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder und wurden nach bestem Wissen und Gewissen verfasst. Dennoch kann der Artikel keine medizinische Beratung und Diagnose ersetzen. Bei Fragen wenden Sie sich an Ihren Allgemeinarzt.

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