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Atemwegserkrankungen erkennen und richtig einordnen

COVID-19 oder Asthma: Wie erkenne ich Unterschiede in der Symptomatik?

Atemwegserkrankungen gehören zu den häufigsten Krankheitsbildern des Menschen. Alleine in Deutschland leiden etwa 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung an akuten oder chronischen Atemwegserkrankungen [1]. Neben Asthma, grippalen Infekten und der chronischen Bronchitis ist aktuell COVID-19 im Fokus des öffentlichen Bewusstseins. Lesen Sie weiter um herauszufinden, wie sich diese Krankheitsbilder voneinander unterscheiden und sie diagnostiziert werden.

1. Atemwegserkrankungen

Ungefähr 15 bis 20 Prozent aller Deutschen leiden an akuten und insbesondere chronischen Atemwegserkrankungen. Laut Bundesamt für Statistik sind Erkrankungen der Lunge die dritthäufigste Todesursache nach Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen. Über die nächsten Jahre wird mit einer Zunahme Atemwegserkrankungen auf rund 25 Prozent gerechnet [1] .

Durch die Atemwege gelangt die Luft von außen bis in die kleinsten Bestandteile der Lunge, die Lungenbläschen (Alveolen). Dort wird der für die Körperzellen wichtige Sauerstoff aus der Luft über kleinste Blutgefäße aufgenommen und „verbrauchte“ Luft in Form von Kohlenstoffdioxid aus dem Blut in die Lunge abgegeben. Eine Schädigung der Atemwege durch eine Infektion mit Bakterien, Viren oder durch Zigarettenrauch kann diesen Gasaustausch erschweren und den gesamten Körper schwächen.

Die Atemwege werden in untere und obere Atemwege eingeteilt. Zu den oberen Atemwegen gehören Nase, Rachen und Kehlkopf und zu den unteren Atemwegen die Luftröhre und die Lunge mit ihrem gesamten Lungengewebe. Bei einer Schädigung der Atemwege wird deshalb nach dem Ort der Schädigung in obere Atemwegserkrankungen und untere Atemwegserkrankungen unterschieden. Zu den oberen Atemwegserkrankungen gehören typischerweise Erkältungen mit Halsschmerzen und einer laufenden Nase, während eine Lungenentzündung (Pneumonie) oder Asthma bronchiale zu den unteren Atemwegserkrankungen gezählt wird. Die Ursachen von Atemwegserkrankungen sind vielfältig. Infektionen, Autoimmunerkrankungen oder Rauchen gehören dabei zu den häufigsten Ursachen.

Akute und chronische Atemwegserkrankungen

Neben dem Ort der Schädigung ist auch die Dauer der Erkrankung ein wichtiges Merkmal für die Diagnose und Behandlung der Atemwegserkrankung. Zu den akuten Atemwegserkrankungen zählen einfache Erkältungen, eine akute Bronchitis oder eine Rachen- oder Mandelentzündungen. Diese Erkrankungen werden fast immer durch Viren oder Bakterien verursacht und verschwinden meist innerhalb von 1-2 Wochen. Bei chronischen Erkrankungen dauern die Symptome oder die Schädigung der Atemwege über einen Zeitraum von meist mehr als 8-12 Wochen an. Hierzu zählen beispielsweise Asthma bronchiale oder die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (engl. Abkürzung: COPD).

Infektionen der Atemwege

Infektionen gehören zu den häufigsten Ursachen von akuten oberen Atemwegsinfektionen. Sie treten vermehrt in den Herbst- und Wintermonaten auf. Kleinkinder können bis zu zehn solcher Infekte im Jahr haben. Auslöser sind meist sogenannte respiratorische Viren und nur in seltenen Fällen Bakterien. Das ist auch der Grund, warum Antibiotika – die ausschließlich gegen Bakterien wirken – bei akuten oberen Atemwegsinfektionen oft nicht helfen und im schlimmsten Fall sogar schädigend sein können. Eine Dokumentation der Beschwerden in einem Symptom-Tagebuch kann die Ärztin oder den Arzt bei einer Diagnose unterstützen. Eine Unterscheidung in einen viralen oder bakteriellen Infekt nur anhand der Symptome ist in der Regel aber nicht möglich.

2. Obstruktive vs. restriktive Erkrankung

Häufige Ursachen von Atemwegserkrankungen

In der Medizin wird zwischen obstruktiven oder restriktiven Lungenerkrankungen unterschieden. Die obstruktiven Lungenerkrankungen führen zu einer Verengung der Atemwege, sodass gegen einen erhöhten Widerstand geatmet werden muss. Das Atmen fällt also schwerer. Diese Erkrankungen können akut ausgelöst werden, beispielsweise durch Allergien im Rahmen des allergischen Asthmas (z.B. gegen Pollen, Feinstaub, Schimmel oder bestimmte Medikamente). Zudem gibt es chronische Erkrankungen wie die COPD, die fast immer durch langjähriges Rauchen (z.B. durch Zigaretten oder E-Zigaretten) bedingt ist.

Restriktive Lungenerkrankungen hingegen vermindern die Fähigkeit der Lunge sich mit Luft zu füllen. Dies erschwert den Luftaustausch, welcher in den Alveolen stattfindet. Mechanische Ursachen wie ein Rippenbruch kommen dafür genauso in Frage wie eine Schädigung der Nerven, die die Atemmuskulatur betätigen. Wesentlich häufiger liegen die Probleme in der Lunge selbst – etwa bei Flüssigkeit in der Lunge (Lungenödem) oder Pleura (Pleuraerguss) bzw. einer Lungenentzündung, wodurch der Luftaustausch in den Alveolen durch die Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe beeinträchtigt ist.

3. Diese Symptome können auftreten

Abhängig von der Ursache äußern sich Erkrankungen der Atemwege mit typischen Symptomen die der Ärztin oder dem Arzt dabei helfen können, die zugrunde liegende Erkrankung zu identifizieren bzw. einzugrenzen. Die häufigsten Symptome von Atemwegserkrankungen sind Husten, Atemnot, Schmerzen im Brustkorb, Geräusche beim Ein- oder Ausatmen, oder eine verstärkte Schleimproduktion. Oft treten bei infektiösen Atemwegserkrankungen zusätzlich noch allgemeine Symptome wie Fieber oder Abgeschlagenheit auf.

Die Unterschiede der Symptome

Husten als häufigstes Symptom von Atemwegserkrankungen ist Ausdruck einer Reizung der Atemwege und ein reflexhafter Versuch des Körpers, unerwünschtes Material wie etwa Schleim aus den Atemwegen heraus zu befördern. Husten kann bei fast allen Atemwegserkrankungen vorkommen. In Kombination mit Fieber ist jedoch meist eine Infektion die Ursache. Atemnot beschreibt das Gefühl der Luftnot, bei der der subjektive Bedarf an Luft nicht gestillt werden kann. Auch dies kann auf verschiedene restriktive und obstruktive Atemwegserkrankungen zurückgeführt werden. Schmerzen im Brustkorb können ein Hinweis auf eine strukturelle Schädigung der Lunge oder des umgebenden Brustkorbs sein, sind aber auch ein typisches Zeichen eines Herzinfarkts. Atemgeräusche die durch Einengungen der Atemwege wie beispielsweise Fremdkörper, Schwellung oder verstärkte Schleimproduktion bedingt sind, äußern sich häufig als Pfeifen, Giemen oder Brummen. Eine verstärkte Schleimproduktion ist wie auch Husten ein Ausdruck einer Atemwegsreizung, und wird meistens durch Infektionen oder eine asthmatische Reaktion hervorgerufen. Auch die Färbung und die Menge des Schleims können Aufschluss über die zugrunde liegende Erkrankung geben.

Infekt oder Allergie

Zwei der häufigsten Erkrankungen der Atemwege sind Infekte und Allergien (Heuschnupfen / Asthma). Eine Unterscheidung kann anhand mehrerer Faktoren erfolgen: Typisch für allergische Reaktionen ist der wiederkehrende, saisonale Charakter bzw. der Zusammenhang mit der Exposition zu einer bestimmten, meist organischen Substanz (Pollen, Tierhaare). Die Beschwerden treten dabei typischerweise recht plötzlich auf und können mit Juckreiz und Schwellungen der Augenlider verbunden sein. Das Sekret aus Nase oder unteren Atemwegen ist meist klar und die Symptome verschwinden unter Gabe von antiallergischen Medikamenten (Antihistaminika) rasch wieder.

Bei einem Infekt hingegen treten die Beschwerden eher in der kalten Jahreszeit auf, haben meistens einen längeren Vorlauf und werden von anderen Symptomen wie Kopfschmerzen oder Halsschmerzen begleitet. Das Sekret ist nicht klar und kann auch verfärbt sein. Auf Antihistaminika spricht eine Infektion der Atemwege nicht an.

Original Bild: https://www.heuschnupfenmittel-dhu.de

4. Bekannte Krankheitsbilder von Atemwegserkrankungen

In den vorigen Abschnitten wurden Atemwegserkrankungen nach ihren grundsätzlichen Eigenschaften unterteilt: In akute oder chronische Erkrankungen, welche entweder zu restriktiven oder obstruktiven Funktionsstörungen der Lunge führen können. Im folgenden Abschnitt werden drei häufige Erkrankungen der Lunge näher erklärt.

COPD – chronisch obstruktive Bronchitis

Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) beschreibt eine anhaltende Entzündung der Lungen mit unwiderruflicher Schädigung durch einen narbigen Umbau. Für die weltweit dritthäufigste Todesursache sind hauptsächlich eingeatmete schädliche Substanzen wie Zigarettenrauch (90% aller Patient:innen), [1] Feinstaub oder Abgase verantwortlich.

Quelle: europeanlung.org

Es kommt zu einer Einengung der Atemwege und einem Verlust der Austauschfläche für Sauerstoff und Kohlendioxid. Die betroffenen Patienten klagen über ständige Luftnot und anhaltenden Husten. Die Erkrankung wird nach Schweregraden eingeteilt und wird mit zunehmendem Alter und Dauer der Schadstoffexposition schlimmer. Um das Fortschreiten der Erkrankung aufzuhalten, ist neben Medikamenten die Vermeidung schädlicher Substanzen (insb. Tabak) die wichtigste Präventionsmaßnahme [2].

Quelle: Statista, 2019

Asthma

Asthma bronchiale ist eine chronisch entzündliche Erkrankung der Atemwege, bei der es anfallsartig zu einer erschwerten Atmung mit Husten, Räuspern bis hin zu starker Luftnot kommt. Es gibt verschiedene Ursachen und Unterformen der Erkrankung. Die häufigste Ursache sind Allergien gegen Pollen, Schimmelpilze, Tierhaare oder Hausstaub. Zur Linderung der Symptome werden antiallergische Medikamente verschrieben und nicht verträgliche Stoffe sollten gemieden werden. In seltenen Fällen ist eine Gewöhnung an die auslösenden Substanzen (sog. Allergene) im Rahmen einer Hyposensibilisierung möglich. Ein starker Asthmaanfall mit Atemnot kann lebensgefährlich sein und erfordert eine schnelle ärztliche Behandlung.

COVID-19

COVID-19 ist eine akute infektiöse Lungenerkrankung, welche durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelöst wird. Die Infektion wurde erstmalig 2019 in Wuhan/China nachgewiesen. Die Viren sind im Speichel nachweisbar und werden vor allem durch Tröpfchen in der Luft übertragen. Von der Ansteckung bis zu möglichen Symptomen vergehen max. 2 Wochen. Die höchste Ansteckungsgefahr besteht unmittelbar vor Symptombeginn. Häufig sind grippeartige Symptome, aber auch zum Teil ein Geruchs- oder Geschmacksverlust. Ein Großteil der Betroffenen zeigt keine oder sehr milde Symptome und können so unwissentlich zur Verbreitung des Virus beitragen. Neben dem direkten Nachweis einer aktiven Erkrankung per Nasen- und Rachenabstrich kann eine durchgemachte Infektion per Antikörpertest über das Blut nachgewiesen werden. In Deutschland wird ca. jeder fünfte Betroffene im Krankenhaus behandelt. Weniger als 5% entwickeln ein Lungenversagen oder versterben an der Infektion. Das Risiko für einen schwereren Verlauf der Erkrankung steigt mit dem Alter und den Vorerkrankungen. Die Verstorbenen sind im Durchschnitt über 80 Jahre alt [3]. Mehr Informationen über die unterschiedlichen Symptome bei Grippe, COVID-19 und Erkältungen lesen Sie hier.

5. Diagnosefindung

Sollte ein Patient mit den o.g. typischen Symptomen bei einem Arzt oder einer Ärztin vorstellig werden, so wird dieser weitere Fragen zu den Beschwerden stellen. Von Interesse sind Anzeichen wie z.B. der Beginn der Symptome, die Dauer und Frequenz, die Intensität und der Zusammenhang mit anderen Faktoren. Auch Vorerkrankungen und Medikamente können wichtige Hinweise auf die Ursache von Atemwegsbeschwerden geben.

Untersuchungsverfahren

Neben der Auskunft des Patienten zu seinen Beschwerden (der Anamnese) richtet sich der Blick der Medizinerin bzw. des Mediziners auf die Untersuchung der Atemwege. Das häufigste und bekannteste Verfahren ist seit über 200 Jahren das Abhören mit dem Stethoskop (Auskultation). Damit können die Geräusche der Lunge beim Ein- und Ausatmen für das menschliche Ohr zugänglich gemacht werden. Abweichungen vom normalen Atemgeräusch – der Arzt bzw. die Ärztin spricht hier von Rasselgeräuschen, Brummen oder Giemen – und deren zeitliches Auftreten (in der Ein- oder Ausatemphase) sind hinweisgebend für bestimmte Erkrankungen. Auch die Beobachtung des Oberkörpers beim Atmen und das „Beklopfen“ des Brustkorbs (Perkussion) gehören zur Untersuchung. Technische Untersuchungsverfahren sind nicht immer notwendig und spielen vor allem bei der Diagnose von weniger häufigen Erkrankungen eine Rolle. Über die Beschaffenheit der Lunge und des umgebenden Brustkorbs gibt ein Röntgenbild oder eine Computertomografie-Aufnahme (CT) Aufschluss, während mit der sogenannten Spirometrie die Funktionsfähigkeit geprüft wird. Bei der Spirometrie atmet der Patient oder die Patientin bei geschlossener Nase durch den Mund kräftig ein und aus. Durch die Analyse des hierdurch bewegten Luftvolumens und durch die Atemgeschwindigkeit können aussagekräftige Werte für die Lungenfunktion ermittelt werden. Darüber hinaus gibt es noch viele weitere spezialisierte Untersuchungen, die eingesetzt werden, wenn die allgemeinen Untersuchungsverfahren einen hinreichenden Verdacht auf eine spezielle Erkrankung begründen.

Symptomtracking

Bei den meisten Atemwegserkrankungen gibt es Beschwerden, die entweder manuell oder mittels Wearables sogar automatisiert gemessen werden können. Vielen Ansätzen geht es dabei nicht um die Diagnosefindung, sondern um die Dokumentation bestehender Erkrankungen. So kann beispielsweise bei von Asthma bronchiale Betroffenen der Luftfluss mit einem kleinen Gerät, dem Spirtometer, selbst gemessen werden und so die richtige Einstellung mit Medikamenten überwacht werden. Die Patientin oder der Patient kann sich so an der Dokumentation ihrer bzw. seiner Symptome aktiv beteiligen und bei zunehmender Luftnot und schlechterem Luftfluss Medikamente selbst anpassen und dem Arzt oder der Ärztin beim nächsten Besuch eine Übersicht der Symptome vorlegen

Unterstützung zur schnelleren Diagnosefindung

Auf dem Weg zur richtigen Diagnose sind also einige Hürden zu nehmen. Je genauer die Schilderung der Symptome beim Erstkontakt mit der Ärztin oder dem Arzt erfolgt, desto zuverlässiger kann die richtige Diagnose gestellt werden. Die Nutzung von Decision-Support-Systemen für Ärzt:innen und Symptom-Tagebücher der Betroffenen können bei der Erstellung einer strukturierten und ausführlichen Anamnese helfen. Durch ein krankheitsspezifisches Symptom-Tagebuch haben Patient:innen die Möglichkeit, relevante Symptome schon vorab und über einen längeren Zeitraum zu dokumentieren und den Ärzt:innen zur Verfügung zu stellen.

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